SZ: Die Entwicklungsländer liefern Rohstoffe, aber von der Wertschöpfung profitieren nur die Industrieländer.
Schulze: deshalb ist es wichtig, jetzt international voranzukommen. Die Diskussion um das Lieferkettengesetz zum Beispiel hat gezeigt, dass es möglich ist, für die gesamte Wertschöpfungskette Verantwortung zu übernehmen….
SZ: Mit wirtschaftlicher Hilfe gleich auch einen Wertekanon mitzuliefern, könnte man auch kritisch sehen.
Schulze: Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen sind ein Wertekanon, den die internationale Staatengemeinschaft gemeinsam beschlossen hat. Ist doch klar, dass wir unsere Entwicklungspolitik auch mit diesen Werten verbinden. Wertegeleitet zu sein, hat nichts Kolonialistisches, ich höre den Gedanken aus Ihrer Frage. Aber wenn wir eine Lücke lassen, werden andere Länder, andere Systeme diese Lücke füllen. Vielleicht sind es die Amerikaner, okay, aber vielleicht kommt auch China oder Russland. Das wäre in einigen Bereichen nicht in unserem Interesse. Deshalb ist es richtig zu sagen: Wir helfen gern, aber wir stehen auch für Grundwerte.
SZ: jenseits der großen Politik: kann eigentlich auch jede und jeder Einzelne etwas beitragen, um Entwicklungsländer zu unterstützen? Oder ist die Idee vom bewussten Konsum sinnlos?
Schulze: Die ist überhaupt nicht sinnlos. In der Klimapolitik habe ich immer gesagt, jede Tonne CO2 zählt. So ist das in der Entwicklungspolitik natürlich auch. Wenn Menschen sich engagieren, Organisationen unterstützen, dann freue ich mich. Und natürlich kann man auf Lieferketten achten, die Labels dafür gibt es… Was wir in der Politik organisieren müssen, sind die Rahmenbedingungen für vernünftiges Handeln – durch transparente Lieferketten zum Beispiel.
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